Und wieder steht die "schwarze Null":

Rat der Stadt beschließt Haushalt 2020

Sonja Bongers ist Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion und Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen

der Rat der Stadt Oberhausen hat heute Abend mit breiter Mehrheit den Haushalt für das Jahr 2020 beschlossen. Zum vierten Mal in Folge steht die „schwarze Null“, der Kämmerer muss auch im nächsten Jahr keine zusätzlichen Schulden aufnehmen, ein großer Erfolg. Die neue Chefin der SPD-Ratsfraktion Sonja Bongers hielt ihre erste Haushaltsrede, die wir im Folgenden dokumentieren:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

das ist heute das erste Mal, dass ich für die SPD-Fraktion die traditionelle Abschlusserklärung zur Verabschiedung des Haushalts der Stadt Oberhausen vortragen darf. Erlauben Sie mir deshalb zum Einstieg zwei kurze Vorbemerkungen:

Zuallererst ein Wort des Dankes an meinen Vorgänger Wolfgang Große Brömer.

Lieber Wolfgang,

fast 18 Jahre lang warst du als Vorsitzender der SPD-Fraktion unser bienenfleißiger kommunalpolitischer Vorarbeiter, unser verlässlicher Kapitän und Steuermann. Allein siebzehnmal hast du seit 2002 hier an diesem Pult gestanden, oft nach durchgeschriebener Nacht, um die jährliche Haushaltsrede zu halten. In unzähligen weiteren Stellungnahmen und Wortbeiträgen, im Rat und vielen anderen Gremien, hast du mit Leidenschaft und Herzblut für sozialdemokratische Positionen und Anliegen geworben, wo nötig auch mit harten Bandagen gekämpft, weil du immer der Überzeugung warst: Das ist der richtige, das ist der bessere Weg für Oberhausen und seine Menschen.

Zumindest eins darf ich hier sicher auch fraktions- und gruppenübergreifend feststellen: Laff oder lau, das war nie dein Ding. Und wenn es während einer turbulenten Debatte in dir hochkochte, konnte deine Erwiderung auch schon mal ziemlich scharf gewürzt sein. Obwohl du bis zum Ende der Wahlperiode noch eine ganze Reihe von städtischen Ämtern und Funktionen für unsere Fraktion wahrnimmst, rückt doch der Tag unvermeidlich näher, an dem du endgültig den aktiven kommunalpolitischen Ehrendienst quittieren und, zwar nicht aufs Altenteil, aber doch ins Veteranenlager der Oberhausener Kommunalpolitik hinüberwechseln wirst.

Lieber Wolfgang,

deine SPD-Fraktion bedankt sich für die fast zwei Jahrzehnte, die du an ihrer Spitze gestanden hast. Ich habe mir fest vorgenommen, an deinem Führungsstil festzuhalten: Kein Machtwort und kein Basta, sondern immer gute Argumente und unermüdliche Überzeugungsarbeit, nach innen wie nach außen. Auf den Punkt gebracht hat diesen Führungsstil mal vor Jahren ein ehemaliger Fraktionsreferent, als er dir das gelbe Schild auf die Arbeitsplatte stellte mit der Aufschrift: „Wenn nichts mehr geht, probier’s doch mal mit dem Vorschlag des Chefs.“ Und auch wenn du deinen Schreibtisch mittlerweile geräumt hast, lieber Wolfgang, dieses Schild bleibt stehen.

Zweite Vorbemerkung: Bei allem Streit in der Sache, liebe Kolleginnen und Kollegen, waren wir in diesem Rat doch über Parteigrenzen hinweg immer wieder gesprächsfähig und kompromissbereit. Wir haben nach intensiven Diskussionen nicht wenige Projekte gemeinsam auf den Weg gebracht und auch die eine oder andere wichtige Entscheidung im guten Einvernehmen getroffen. Auf kommunaler Ebene geht es nicht um Ideologie, reine Lehre und Rechtbehalten um jeden Preis, sondern um ganz praktische Problemlösungen im Interesse der Menschen vor Ort. Bei den Debatten in diesem Saal konnte es durchaus hitzig zugehen, aber es wurde nie gehetzt, von keiner Seite.

Ob das nach der Kommunalwahl im nächsten Jahr noch so ist, muss bezweifelt werden. Erstmals wird bei einer Kommunalwahl in Oberhausen eine offen rechtspopulistische Partei antreten, die sich angesichts der allgemeinpolitischen Stimmungslage in unserem Land leider nicht unberechtigte Hoffnungen machen kann, dem neugewählten Stadtrat anzugehören.

Die jüngsten Wahlerfolge der selbsternannten Alternative im Osten Deutschlands sind höchst alarmierend. Rechnet man die Stimmen aus Sachsen, Brandenburg und Thüringen zusammen, ist die AfD hier bereits stärkste Partei. Nach den Erfahrungen, die wir in Oberhausen mit dem Wahlkampfstil dieser Truppe bei der jüngsten Landtags-, Bundestags- und Europawahl machen durften, erwartet uns im Kommunalwahlkampf eine politische Schlamm- und Schmutzkampagne, eine hochaggressive Materialschlacht, wie sie diese Stadt noch nicht erlebt hat.

Da müssen alle demokratischen Parteien und Kräfte gegenhalten. Wir dürfen den Kampf um die Köpfe und Herzen der Menschen nicht verlieren. Denn diese Alternative ist in Wahrheit keine Alternative für, sondern eine Alternative zu Deutschland, dem freiesten und friedlichsten, dem demokratischsten und sozialsten Deutschland in unserer Geschichte. Tun wir also alles, was in unserer Macht steht, damit Hass und Hetze das Klima in unserer Stadt nicht vergiften.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

zum vierten Mal in Folge haben wir heute einen Haushalt ohne neue Schulden beschlossen. Nach 2016, 2017 und 2018 steht auch 2019 zum Schluss der Haushaltsberatungen unterm Strich die „schwarze Null“. Das ist ein großer Erfolg und wir gehen deshalb zuversichtlich von einer Genehmigung des Haushalts durch die Bezirksregierung aus.

Das ist gut für unsere Stadt, die weiterhin dringend benötigte Fördermittel in beträchtlicher Höhe von Bund und Land abrufen kann. Außerdem sichern wir mit dieser vierten „schwarzen Null“ hintereinander unsere so mühsam zurückgewonnene kommunale Selbstverwaltung, zumindest auf dem Papier. In Tat und Wahrheit ist dieser Haushalt so messerscharf auf Kante genäht, ist das finanzielle Korsett so straff geschnürt, dass große Sprünge und Extrawünsche auch beim besten politischen Willen nicht drin sind. Klar ist: Dieser Haushalt wird im nächsten Jahr ohne Stoßdämpfer über eine rasante finanzpolitischen Buckelpiste gefahren. Reserven sind kaum vorhanden.

Wir haben als SPD-Fraktion deshalb bei der Formulierung unserer Haushaltsanträge, trotz des bevorstehenden Kommunalwahlkampfes, nicht unverantwortlich aus dem vermeintlich Vollen geschöpft und unbezahlbare Wahlgeschenke gefordert. Wir haben stattdessen strikte Ausgabenselbstdisziplin geübt, um die „schwarze Null“ und den Haushaltsausgleich nicht zu gefährden. Uns liegt auch sehr viel daran, dass das für 2020 geplante Rekordinvestitionsprogramm vollständig und Euro für Euro abgearbeitet werden kann. Das hat für uns oberste Priorität.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

es gibt erhebliche Risiken und Unsicherheiten im Haushalt, aber auch die mittelfristige Finanzplanung steht nicht auf Beton. So wissen wir nicht, wie sich Konjunktur und Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren entwickeln. Die deutsche Wirtschaft ist gerade erst haarscharf an der Rezession vorbeigeschrammt.

Ob die Ansätze bei den Steuereinnahmen tatsächlich erreicht werden können und die Sozialausgaben nicht wieder völlig aus dem Plankorridor schießen, steht jedenfalls in den Sternen. Wer auf dieser mehr als wackligen Datenbasis heute bereits Steuersenkungen fürs Jahr 2022 in Aussicht stellt, wie Sie das getan haben, Herr Oberbürgermeister, agiert für meine Begriffe voreilig und überoptimistisch, um es vorweihnachtlich milde auszudrücken.

Natürlich würden auch wir lieber heute als morgen die rote Laterne beim Hebesatz der Gewerbesteuer loswerden, weil das ein starkes Signal wäre und Wirtschaft bekanntlich zu 50 Prozent aus Psychologie besteht. Aber solange wir nicht sicher wissen, ob die Finanzierungsspielräume dafür vorhanden sein werden, kann ich nur rufen: Vorsicht an der Bahnsteigkante, bis der Zug tatsächlich eingefahren ist.

Herr Oberbürgermeister,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

die mit Abstand größte politische Gefahr für die Oberhausener Stadtfinanzen bleibt die schwarz-gelbe Landesregierung in Düsseldorf. Die Laschet-Regierung betreibt seit ihrem Amtsantritt 2017 systematisch eine schamlose finanzielle Umverteilung in den ländlichen Raum. Man muss auch gönnen können und Neid macht hässlich, keine Frage. Aber die Zeche für das Landesprogramm „Mehr Speck für die Speckgürtel“ zahlen die strukturschwachen, mit hohen Sozialausgaben geschlagenen Städte des Ruhrgebiets und im Bergischen Land.

Allein die erste Stufe der Reform des Gemeindefinanzierungsgesetzes hat Oberhausen knapp 17 Millionen Euro gekostet. Wäre die ursprünglich geplante zweite Stufe der GFG-Reform nicht fürs Erste ausgesetzt worden, hätten wir uns den Haushaltsausgleich gleich von der Backe putzen können. Der Kämmerer schätzt, dass das Land mit der GFG-Reform, dem Unterhaltsvorschussgesetz, der KiBiz-Reform und der völlig unzureichenden Flüchtlingsfinanzierung den städtischen Haushalt strukturell mit ca. 30 Millionen Euro belastet. Das ist eine Ansage.

Besonders dreist geht Düsseldorf bei der Finanzierung der Flüchtlinge vor, das Thema hat es letzte Woche Montag ja sogar auf die Titelseite der WAZ geschafft. Statt des vom offiziellen Regierungsgutachters ermittelten Mindestbedarfs in den Großstädten in Höhe von 13.500 Euro pro Flüchtling und Jahr zahlt die Landesregierung lediglich eine Pauschale von 10.400 Euro. Das reicht hinten und vorne nicht. Und Nordrhein-Westfalen ist auch das einzige deutsche Flächenland, in dem die Landesregierung die Kosten für ausreisepflichtige, aber weiter geduldete Asylsuchende nur drei Monate finanziert. Danach müssen die Städte blechen.

WAZ-Korrespondent Tobias Blasius, bisher wahrlich nicht durch Totalopposition gegen die amtierende Landesregierung aufgefallen, hat es letzten Montag auf den Punkt gebracht, ich zitiere:

„Es bleibt skandalös, dass finanzschwache Städte wie Essen für Tausende geduldete Asylbewerber jahrelang allein aufkommen müssen und für die übrigen mit einer Landespauschale abgespeist werden, die nicht annähernd auskömmlich ist. Angesichts der prallvollen Steuerkassen in Düsseldorf eine beschämende Lastenteilung.“

Dem ist nichts hinzuzufügen. Wo Tobias Blasius recht hat, hat er recht.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir danken Apostolos Tsalastras und dem gesamten Team der Kämmerei für die geleistete Präzisionsarbeit. Der Kämmerer und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich jede einzelne Haushaltsposition, jede Kostenstelle noch einmal vorgeknöpft, um gegebenenfalls auch noch die letzten finanziellen Mikrofettpolster abzusaugen. Am Ende stand erneut eine Punktlandung.

Das zu schaffen war angesichts der bereits erwähnten Haushaltsrisiken und des sich eintrübenden wirtschaftlichen Umfeldes sicher kein Betriebsausflug. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir über einen so engagierten, fachkundigen und weit über die Stadtgrenzen hinaus vernetzten obersten Kassenwart und ersten Beigeordneten in diesem Verwaltungsvorstand verfügen.

Sehr geehrte Frau Stehr,
liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion,

ich frage mich deshalb nach wie vor, warum Sie im Juli nicht bereit oder in der Lage waren, über ihren parteipolitischen Schatten zu springen und Apostolos Tsalastras auch mit ihren Stimmen wiederzuwählen. Stattdessen haben Sie sich lieber von Ihrem eigenen Oberbürgermeister beschämen und vorführen lassen. Der hat nämlich keine Sekunde gezögert, für die Wiederwahl zu stimmen, ganz im öffentlich dokumentierten Gegensatz zu Ihnen, weil er genau weiß, was wir in Oberhausen an diesem Kämmerer haben. Ihre Stimmbotschaft ist angekommen, Herr Oberbürgermeister, jedenfalls bei uns.

Wo wir gerade beim Verwaltungsvorstand sind. Auch 2019 ging das muntere politische Legendensterben weiter. Dieses Jahr erwischte es den Mythos vom „roten Filz“, der spätestens im Frühsommer endgültig zu Grabe getragen werden musste. Mit der wirklich sehr schweren, aber leider unumgänglichen Entscheidung, eine Beigeordnete der eigenen Partei abzuwählen, hat die SPD-Fraktion im Mai ein personalpolitisches Ausrufezeichen in XXL gesetzt.

Der unumstößliche Grundsatz „erst die Stadt, dann die Partei“ ist für uns eben kein billiges Lippenbekenntnis, sondern knallharte Selbstverpflichtung. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Dieser Grundsatz war, ist und bleibt die politische Hauptdirektive der Oberhausener SPD und ihrer Ratsfraktion, auch wenn es manchmal bitter weh tut und man sich aus parteipolitischer Sicht die Hände schmutzig macht.

Ein für allemal: Für unsere Personalpolitik ist nicht das Parteibuch ausschlaggebend. Entscheidend sind Kompetenz und Können, Engagement und Leidenschaft für unsere Stadt. Deshalb hatten wir auch kein Problem damit, den Kollegen Michael Jehn von der CDU zum Beigeordneten zu wählen. So sieht er dann aus, der „rote Filz“ anno 2019, der „rote Filz“ für Farbenblinde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

sowohl der Oberbürgermeister als auch der Kämmerer sind in ihren Einbringungsreden im September ausführlich auf die nun erstmals möglich erscheinende Lösung des kommunalen Altschuldenproblems eingegangen. Völlig zu Recht, denn diese überraschende und mehr als erfreuliche Entwicklung lässt sich in ihrer potenziellen Bedeutung für die Zukunft unserer Stadt gar nicht überschätzen.

Seit der Bund seine grundsätzliche Bereitschaft angedeutet hat, die Hälfte der aufgelaufenen Kassenkredite in die Bundesschuld zu übernehmen, falls auch die betroffenen Länder ihren Beitrag leisten, besteht erstmals berechtigte Hoffnung, runter von den Schuldenbergen zu kommen. Das ist für Oberhausen und viele andere hochverschuldete Städte gerade hier in Nordrhein-Westfalen letztlich eine Frage des Überlebens, von Sein oder Nichtsein.

Denn die Kassenkredite sind eine finanzpolitische Zeitbombe. Die brummende Konjunktur und die tieffliegenden Zinsen haben das Ticken dieser Bombe in den letzten Jahren nur übertönt. Oberhausen sitzt auf Kassenkrediten in Höhe von knapp 1.600 Millionen Euro. Im Wald- und Wiesendeutsch kann man sagen: Das städtische Girokonto ist um etwa zwei Jahresgehälter überzogen. Aufgrund der historisch beispiellosen Niedrigzinsphase zahlt der Kämmerer für diese kommunalen Überziehungskredite im Moment im Schnitt allerdings weniger als ein Prozent Zinsen.

Das wird nicht ewig so bleiben. Sobald die Zinsen wieder steigen, fliegt uns der ganze Haushalt mit einem Riesenknall um die Ohren. Ein zusätzlicher Prozentpunkt allein bei den Kassenkreditzinsen würde bereits ein Haushaltsloch von 16 Millionen Euro aufreißen. Das wäre aus Bordmitteln nicht mehr zu stopfen oder abzudichten, das haben die Haushaltsberatungen auch in diesem Jahr wieder deutlich gezeigt.

Der Bundesfinanzminister hat mit seiner überraschenden Initiative ein politisches Zeitfenster für die Lösung des Altschuldenproblems aufgestoßen. Allerdings ist das sehr wahrscheinlich nur ein sehr enges und begrenztes Zeitfenster. Alles hängt davon ab, dass die Beteiligten diese einmalige Chance jetzt auch entschlossen nutzen und so schnell wie möglich Nägel mit Köpfen machen. Denn diese Chance kommt nie wieder.

Ich appelliere deshalb eindringlich an die Landesregierung und den Ministerpräsidenten, ihren finanziellen Beitrag zu leisten und den erforderlichen Eigenanteil für die Entschuldung der Städte zu stellen. Es wäre doch ein Treppenwitz, wenn dieses Jahrhundertprojekt am Widerstand des Landkreistages NRW scheitern sollte.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

eines ihrer zentralen Wahlversprechen im Oberbürgermeisterwahlkampf 2015 war der beschleunigte Stellenabbau in der Stadtverwaltung. Keine Rede, kein Interview von Ihnen ohne den Hinweis auf die enormen Sparbeiträge, die durch konsequente Konsolidierung im Personalbereich zugunsten der Bürger erzielt werden könnten. Das war Ihr ungehobener Schatz im Galgenberg, die schlummernde Goldader, die Sie zur Finanzierung Ihrer sonstigen Wahlversprechen umgehend anzubohren versprachen.

Bereits als CDU-Fraktionsvorsitzender hatten Sie sich keine Gelegenheit entgehen lassen, Ihrem Vorgänger Klaus Wehling und uns Sozis mangelnden Sparwillen beim Rathauspersonal vorzuwerfen. Das lief über Jahre in akustischer Dauerschleife bis zur Ohrenfolter.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Sie erlauben sicher, dass wir knapp ein Jahr vor der Kommunalwahl den Realitäts-Check wagen und mal kurz nachschlagen, was aus Ihrem Wahlversprechen geworden ist.

Die Stellenpläne der letzten Amtsjahre von Oberbürgermeister Klaus Wehling weisen folgende Veränderungen aus:

2013: – 2 Stellen
2014: + 3 Stellen
2015: – 6,5 Stellen

Der 5-Jahres-Stellenplan des Verwaltungschefs Daniel Schranz sieht hingegen so aus:

2016: + 30,5 Stellen
2017: + 68,5 Stellen
2018: + 55,5 Stellen
2019: + 74 Stellen
2020: + 37,5 Stellen

Entgegen Ihren forschen Ankündigungen im Wahlkampf, haben Sie nicht nur kein Personal abgebaut. In jedem Jahr Ihrer Amtszeit sind im Schnitt 50 Stellen hinzugekommen. Für eine solch himmelschreiende Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit gab es in der ehemaligen DDR übrigens einen Fachausdruck: Nannte sich „sozialistische Planerfüllung“.

Herr Oberbürgermeister, damit wir uns nicht falsch verstehen. Es mag für jede einzelne dieser zusätzlichen Stellen gute Argumente, überzeugende Gründe und auch zwingende gesetzliche Anforderungen geben, das ist hier gar nicht der springende Punkt.

Die spannende Frage ist vielmehr: Wie würden Sie selber, Herr Schranz, diese vom aktuellen Oberhausener Verwaltungschef zu verantwortende Personalpolitik bewerten und kommentieren, wenn Sie heute noch Frontmann der CDU-Opposition wären?

Es würde einem rhetorischen Talent wie dem Ihren gewiss nicht die Sprache verschlagen. Im Gegenteil. Sie würden verbal aus allen Rohren und Kalibern feuern und einen solchen Oberbürgermeister mit beißender Kritik, mit Hohn und Spott unter politischen Dauerbeschuss nehmen. Und das nicht nur beim Personal. Sie würden aus Prinzip in jedem Projekt und bei jeder Maßnahme, die der Oberbürgermeister angeschoben und ergriffen hat, nicht nur ein Haar, sondern ganze Haarbüschel in der Suppe finden.

Mit anderen Worten: Das Schlimmste, was Ihnen passieren könnte, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, wäre ein Oppositionsführer, wie Sie mal einer waren.

Sie haben schon Glück mit uns: Die SPD-Fraktion in diesem Haus betreibt keine Fundamentalopposition. Wenn wir einem Ihrer Vorschläge mal nicht zustimmen können, wie jüngst zum Beispiel bei der Luise-Albertz-Halle, hat das Gründe, die in der Sache selbst liegen. Wir tun das nicht, weil es so schön wäre, Ihnen eine Abstimmungsniederlage zu bereiten. So sind wir nicht drauf.

Wir wollen das Beste für unsere Stadt. Das allein ist maßgeblich für unsere Entscheidungen hier in diesem Rat. Wenn etwas gut für Oberhausen ist, Herr Oberbürgermeister, können Sie sich auf unsere Unterstützung verlassen, auch auf die Gefahr hin, dass Ihnen das politisch vielleicht mehr nützt als uns. Wir sind und bleiben überzeugte und engagierte Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei, aber als Oberhausenerinnen und Oberhausener sind wir zuallererst leidenschaftliche Angehörige der Oberhausen-Partei.

Wir mögen diese Stadt und ihre Menschen.

Wir stimmen dem Haushalt zu.

Glückauf Oberhausen!

Download:   Abschlusserklärung der SPD-Fraktion zum Haushalt 2020 (pdf, 230 KB)

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