Rat beschließt Haushalt 2019:

Zum dritten Mal die „Schwarze Null“

Wolfgang Große Brömer ist Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion

Der Rat der Stadt Oberhausen hat heute den Haushalt für das Jahr 2019 beschlossen. Trotz der dreisten Umverteilung von Schlüsselzuweisungen in den ländlichen Raum durch die schwarz-gelbe Landesregierung ist Kämmerer Apostolos Tsalastras und seinem Team erneut ein finanzpolitisches Kunststück gelungen: Zum dritten Mal in Folge steht die „Schwarze Null“, muss die Stadt auch im kommenden Jahr keine neuen Schulden machen. Großes Lob dafür gab es von SPD-Fraktionschef Wolfgang Große Brömer, der in seiner Haushaltsrede die Bedeutung des Stärkungspaktes Stadtfinanzen der früheren SPD-geführten Landesregierung für die verbesserte Haushaltslage der Stadt hervorhob.

Wir dokumentieren im Folgenden die Abschlussrede der SPD-Fraktion zum Haushalt 2019, die Fraktionschef Wolfgang Große Brömer heute Nachmittag im Rat der Stadt gehalten hat:

Abschlusserklärung der SPD-Fraktion zum Haushalt 2019

Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

meine letzte Haushaltsrede vor gut einem Jahr habe ich mit der Einschätzung begonnen, dass der Weg zur endgültigen Haushaltsverabschiedung einer Achterbahnfahrt geglichen habe. Gemeint war damit das ständige Auf und Ab der fast wöchentlich wechselnden Ist-Situation des Haushaltes.

Ähnlich spannend war es auch in diesem Jahr. Gelingt wieder ein ausgeglichener Haushalt? Und – fast noch wichtiger – gelingt er ohne zusätzliche Steuererhöhungen? Zweimal „Ja“ lauten die Antworten auf diese Fragen und deswegen sagen wir an dieser Stelle erneut unseren Dank an Kämmerer Tsalastras und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

Die dritte „Schwarze Null“ in Folge – auch und gerade wegen des Stärkungspaktes Stadtfinanzen der alten Landesregierung! Ohne die Stärkungspaktmittel wäre auch diesmal kein ausgeglichener Haushalt möglich gewesen!

Und da verwundert es doch sehr, dass es immer noch uneinsichtige Menschen gibt, die meinen, gegen den Stärkungspakt „wettern“ zu müssen – wie zum Beispiel Kollegin Stehr es noch im letzten Jahr getan hat. Aber wer weiß? Vielleicht hat die finanzpolitische Einsicht mittlerweile ja auch die Reihen der CDU-Fraktion erreicht.

„Wettern“ müssten Sie in der Tat, Frau Stehr, nämlich gegen Ihre eigene Landesregierung, der wir die diesjährige Achterbahnfahrt des Haushaltes zu verdanken haben. Mehr als 10 Millionen EURO ist der letzte aktuelle Stand der Einbußen, die Oberhausen wegen der von der Landesregierung beschlossenen Umverteilung der Schlüsselzuweisungen zulasten des Ruhrgebietes verkraften muss. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Skandal!

Ein Skandal deshalb, weil gerade die finanzschwachen Städte mit einer hohen Arbeitslosigkeit und hohen Sozialausgaben benachteiligt werden, das heißt genau die Kommunen, die eine finanzielle Hilfe am nötigsten hätten. Die Schere zwischen armen und reichen Städten klafft immer weiter auseinander, gleichwertige Lebensbedingungen in den Städten dieses Landes werden auf diesem Weg zu einer unerreichbaren Illusion.

An der kommunalen Steuerschraube haben wir bis zum letzten Millimeter gedreht. Weitere Erhöhungen sind weder den Menschen noch den Unternehmen unserer Stadt

zuzumuten! Die gerade erwähnte Belastung von mehr als 10 Millionen Euro setzt sich in den folgenden Haushaltsjahren noch fort. Hinzu kommt noch eine weitere von der Laschet-Regierung für das nächste Jahr geplante Umverteilungsstufe! Was diese für unseren auf Kante genähten Haushalt bedeuten würde, mag ich mir gar nicht ausmalen.

Es ist fünf vor zwölf: Die gerechte Aufteilung von Soziallasten und Steuereinnahmen zugunsten der Städte ist dringend geboten! Herr Oberbürgermeister Schranz, Frau Kollegin Stehr: Machen Sie das Ihrem Parteifreund Armin Laschet endlich klar!

Die Kassenkredite der NRW-Kommunen sind auf fast 27 Milliarden Euro geklettert. Salopp gesprochen: Unsere Städte stehen knietief im Dispo, mit allen Konsequenzen, die auch wir spüren. Der Spielraum für bitter notwendige Investitionen tendiert gegen Null. Wenn die Zinsen auch nur geringfügig steigen, wird ein erneuter Haushaltsausgleich für uns zur Utopie.

Und genauso illusorisch ist die Annahme, die Städte könnten sich aus eigener Kraft von diesem Schuldenberg befreien.

Daher müssen die Vorschläge für einen Entschuldungsfonds endlich ernsthaft diskutiert werden. Der Vorschlag des ver.di-Landesbezirks, die Kassenkredite in einer NRWKASSE zusammenzufassen, bei der die Tilgung langfristig von den Kommunen, die Zinszahlung aber vom Land übernommen wird, hat eine sorgfältige Prüfung verdient. Diese NRWKASSE könnte den Kommunen endlich wieder Luft zum Atmen verschaffen und Gestaltungsspielräume für dringend erforderliche Investitionsvorhaben eröffnen.

Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

CDU und Oberbürgermeister bemühen sich ja in den letzten Monaten eifrig, eine neue Dynamik und gar eine Aufbruchstimmung in Oberhausen herbeizureden. Die Reaktion der Oberhausenerinnen und Oberhausener ist dazu jedoch ziemlich verhalten. Wer mag es ihnen verdenken? Offenbar rächt sich hier der „Zauberlehrlings-Effekt“:

Die Geister, die man rief, wird man nicht so schnell wieder los. Wenn man wie Sie, meine Damen und Herren der CDU, diesen Standort Oberhausen über Jahre schlecht geredet hat, dann schafft man auch innerhalb von drei Jahren keine Kehrtwende allein durch angestrengtes und permanentes Schönreden.

Die Menschen in unserer Stadt fühlen sich nach wie vor unsicher, sie sehen nach wie vor den Schmutz und Dreck in dieser Stadt und – vor allem – sie spüren die Strukturschwäche! Die Bürgerinnen und Bürger wollen keinen weiteren Schönsprech, sie wollen sichtbare Ergebnisse, sie wollen belastbare Perspektiven!

Ja, die Arbeitslosenzahlen sind auf einem fast schon historischen Tiefstand. Das ist sehr gut. Aber ist das ein Oberhausen-Effekt? Wohl kaum! Wir profitieren zurzeit von einer gesamtdeutschen Konjunkturentwicklung – noch.

Bei genauerem Hinsehen werden die Zweifel deutlich: Ja, in Oberhausen ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze im Zeitraum 2016/17 in der Tat gestiegen. Im Ruhrgebietsvergleich bilden wir aber mit einer Steigerungsquote von nur 0,6 % das Schlusslicht aller 15 Städte und Kreise!

Die Tatsache, dass Oberhausen in der Zeit von 2010 bis 2015 (also noch zu Zeiten Klaus Wehlings) ein überdurchschnittliches Wachstum des erwirtschafteten Bruttoinlandprodukts von 17,2% zu verzeichnen hatte, belegt aber das mögliche wirtschaftliche Potenzial unserer Stadt. Und deshalb begrüßen wir auch ausdrücklich die Initiative des Oberbürgermeisters, gemeinsam mit den verschiedensten Akteuren einen Masterplan Wirtschaft für Oberhausen zu erarbeiten. Wenn es gelingt, mehr als nur eine Hochglanzbroschüre zu veröffentlichen, wenn es tatsächlich gelingen sollte, durch die Kooperation endlich auch einen Durchbruch für einen dritten, einen sozialen Arbeitsmarkt zu schaffen, dann hätten wir viel erreicht und gewonnen.

Denn wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass allein durch die versprochenen 1500 Logistik-Arbeitsplätze im EDEKA-Lager die immer noch gravierend hohe Langzeitarbeitslosigkeit in Oberhausen beseitigt wäre. Nein, die neuen durch den Bund eröffneten Fördermöglichkeiten müssen gemeinsam mit dem Jobcenter, den Wohlfahrtsverbänden, den Betrieben und der Stadt für Arbeitsplätze eingesetzt werden, die den betroffenen Menschen wieder eine sinnvolle Perspektive, ein Leben von einem selbst erarbeiteten Einkommen ermöglichen.

Der Masterplan Wirtschaft muss aber noch mehr liefern: eine Zukunft für gute Arbeit! Denn Oberhausen muss mehr können als Logistik! Unsere Schulabgänger brauchen nicht nur mehr Ausbildungsplätze, sondern auch Ausbildungsperspektiven, die modern

und zukunftssicher sind. Oberhausen braucht die Ansiedlung innovativer Start-Ups. Und genau dafür müssen zielgerichtet die Voraussetzungen geschaffen werden. Die Ansiedlung einer Krankenkassenverwaltung im Technologie-Zentrum-Umweltschutz ist zwar hilfreich für die Vermietungsbilanz, hat aber mit dem eigentlichen Auftrag des TZU’s herzlich wenig zu tun.

Die Einrichtung zur Erforschung von 3-D-Druck in der industriellen Produktion am Standort MAN ist da schon ein weitaus besseres Beispiel. Hierfür muss die Stadt alles Erdenkliche und Machbare unternehmen, um diese Entwicklung zu unterstützen.

Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

trotz aller Meinungsverschiedenheiten und trotz der nach wie vor prekären Haushaltssituation haben wir doch einige grundlegende Beschlüsse auf den Weg gebracht, die entscheidende Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger in Oberhausen bieten.

Als Erstes möchte ich hier den gemeinsam verabschiedeten Antrag „Senioren im Mittelpunkt“ nennen. Ausgehend von unserer Großen Anfrage zur Situation der Seniorinnen und Senioren in Oberhausen ist es einer interfraktionellen Arbeitsgruppe gelungen, mit dem Antrag ein Arbeitsprogramm zu starten, das nicht nur die Beratungsangebote für unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger verbessern wird.

Die Absicherung der Schulsozialarbeit im bisherigen Umfang ist ein weiteres Beispiel. Die 8,5 Stellen, die ursprünglich aus dem Bildungs- und Teilhabegesetz finanziert worden waren, konnten nun im städtischen Haushalt berücksichtigt werden. Auch wenn das wieder einmal ein Beispiel dafür ist, dass fehlende Bundes- und Landesmittel durch kommunale Finanzen ausgeglichen werden müssen, war diese Maßnahme dringend notwendig und unterstützt die Schulen bei der Wahrnehmung ihres Bildungsauftrags in schwierigen Situationen.

Bereits im letzten Jahr musste die Stadt trotz vollmundiger Landesversprechen („KTE-Rettungspakt“) die Träger von Kindertageseinrichtungen finanziell unterstützen, um die fehlende Landesunterstützung auszugleichen und das KTE-Angebot in Oberhausen abzusichern. Da die Landesregierung immer noch keine auskömmliche Finanzierung ermöglicht, mussten die zusätzlich benötigten Mittel wieder durch die Stadt zur Verfügung gestellt werden. Dies konnte – zumindest für das erste Halbjahr 2019 – im Haushalt berücksichtigt werden.

Der städtische Zuschuss für die Träger des Offenen Ganztags an den Oberhausener Grundschulen war seit 2004 unverändert. Hier kann nun endlich durch eine Erhöhung um rund eine Millionen EURO die Qualität des pädagogischen Angebots nachhaltig verbessert werden.

Ein leider typisches Problem armer Städte im Vergleich zu den reicheren Kommunen ist die Tatsache, dass Gebühren für die Betreuung in Kindertageseinrichtungen und im Offenen Ganztagsbereich auch von Eltern mit einem äußerst geringen Einkommen erhoben werden. Wir halten den Besuch von KTE und Offenem Ganztag für ein notwendiges Bildungsangebot, von dem kein Kind aus finanziellen Gründen ausgeschlossen werden darf. Deswegen freuen wir uns, dass unser Antrag auf Beitragsbefreiung für Eltern mit einem Jahreseinkommen von unter 20.000 EURO heute eine breite Mehrheit bekommen hat. Das hat uns dem Ziel, dass Bildung grundsätzlich kostenfrei angeboten werden muss, einen kleinen Schritt näher gebracht.

Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

im nächsten Jahr wird von der Stadt, wird von uns erwartet, dass der verabschiedete Haushalt auch in der Umsetzung ein ausgeglichener Haushalt bleibt. Bei dem geringen Spielraum wird das eine große Herausforderung für alle Beteiligten werden. Das Controlling der Einnahmen und Ausgaben muss von Jahresbeginn an effektiv und gleichsam transparent für die Ratsmitglieder stattfinden. Wenn weiterhin Steuererhöhungen vermieden werden sollen, dann müssen sich Rat wie Verwaltung mit großer Selbstdisziplin auf diesen schwierigen Weg begeben. Ich wünsche uns allen dabei viel Erfolg und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Glück auf!

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