Rat beschließt ausgeglichenen Haushalt für 2017:

„The Times They Are A-Changin“

Wolfgang Große Brömer ist Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion und Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen

Wolfgang Große Brömer ist Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion und Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen

Das kann man wirklich ein historisches Ereignis nennen: Erstmals seit einem Vierteljahrhundert hat der Rat der Stadt Oberhausen am heutigen Nachmittag wieder einen ausgeglichen städtischen Haushalt beschlossen. Da mochte selbst die Oberhausener CDU angesichts der erfolgreichen Finanzpolitik von SPD-Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras ihre jahrelang betriebene Politik der Verantwortungsverweigerung nicht fortsetzen und stimmte wie SPD, Grüne, FDP und BOB dem Haushalt 2017 zu. Im letzten Jahr hatte die gleiche CDU-Fraktion ihrem ehemaligen Vorsitzenden, dem frisch gewählten Oberbürgermeister Daniel Schranz, noch die Gefolgschaft verweigert und sich bei der Abstimmung über dessen ersten Haushalt der Stimme enthalten.

Im Folgenden dokumentieren wir die Rede von SPD-Fraktionschef Wolfgang Große Brömer anlässlich der Verabschiedung des ersten ausgeglichenen Haushalts seit 25 Jahren.

Abschlusserklärung der SPD-Fraktion zum Haushalt 2017

Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

vor knapp fünfzig Jahren hat Bob Dylan, der jüngste Literatur-Nobelpreisträger, einen seiner berühmtesten Songs veröffentlicht: „The Times They Are A-Changin“.

Und in der Tat: Die Zeiten ändern sich! Nach Jahrzehnten der generellen Ablehnung wird die CDU heute dem Haushaltsplan 2017 zustimmen! „Willkommen in der Wirklichkeit! Willkommen in der Verantwortung“, können wir da nur sagen.

Nach Jahren auf den nur scheinbar harten, in Wahrheit aber gut gepolsterten und bequemen Oppositionsbänken, löst sich die CDU aus ihrer Erstarrung und beteiligt sich an der Verantwortung für den Haushalt.

Vorbei die Zeiten, in denen man sich mehr nörgelnd und meckernd aus der Mitverantwortung an der städtischen Haushaltsplanung herausgemogelt hat. Vorbei die Zeiten, in denen seitens der CDU neben der üblichen SPD-Kritik nur selten Konstruktives zu hören war.

Tatsächlich, sind diese Zeiten vorbei?

Die jüngsten Signale sprechen dafür. Die CDU revidiert oder relativiert zumindest ihre wesentlichen Wahlkampfaussagen und man versucht eine neue Sachlichkeit – auch wenn es noch nicht immer funktioniert. Kurz, man scheint in der realen Welt angekommen zu sein.

An drei Beispielen will ich dies verdeutlichen:

Erstes Thema: Personal

Die SPD-Fraktion hat immer davor gewarnt – übrigens gemeinsam mit der Gemeindeaufsicht, dass die im Haushaltssicherungskonzept genannte Zahl der abzubauenden Stellen äußerst ehrgeizig, wenn nicht gar unmöglich umzusetzen ist. Das hat die CDU-Fraktion nicht daran gehindert, in bester Wahlkampfrhetorik den darüber hinausgehenden Abbau von 100 zusätzlichen Stellen zu fordern.

Im gerade von uns verabschiedeten Stellenplan ist ein Plus von 68,5 Stellen allein in diesem Jahr ausgewiesen – und die CDU hat zugestimmt. Willkommen in der Wirklichkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion!

Zweites Thema: Müllgebühren

Auch hier haben wir davor gewarnt, diesen komplexen Sachverhalt als Wahlkampfthema mit scheinbar einfach umzusetzenden Forderungen zu verwenden. Unseren Vorschlag, die Preisprüfstelle als neutrale Gutachterstelle zu beauftragen, haben Sie als Täuschungsmanöver diffamiert. Unsere Hinweise, dass mit Ihren vorzeitigen und undefinierten Rückzahlungsforderungen der Bestand der GMVA mit ihren Arbeitsplätzen gefährdet würde, haben Sie vom Tisch gewischt.

Unsere Darstellung, dass die Stadt Oberhausen als Minderheitseigentümer nicht allein neue Verbrennungspreise festsetzen kann, sondern diese mit den Miteigentümern verhandelt werden müssen, haben Sie als falsch zurückgewiesen. Sie haben die Stadt als Abzocker diffamiert und in Ihrer überscharfen Kritik an dem privaten Miteigentümer die LINKE in ihrer Kapitalismuskritik noch weit links überholt.

Und jetzt, wie sieht die Wirklichkeit aus?

Seit einem Jahr liegt der zugrundeliegende Bericht der Preisprüfstelle vor, ein Jahr lang wurde verhandelt. Gleich, im nichtöffentlichen Teil, werden wir endlich einen Schlussstrich unter diese leidige Gebührendiskussion ziehen können. Jedoch anders, als von Ihnen immer gefordert und dargestellt!

Die GMVA wird die zu hoch in Rechnung gestellten Verbrennungsentgelte nicht vollständig zurückzahlen und die Stadt muss aus Steuermitteln „gewisse Kosten“ zusätzlich zahlen. Warum? Weil ansonsten der GMVA die Insolvenz drohen würde und die Arbeitsplätze gefährdet wären!

Und der private Eigentümer? Der beteiligt sich an der Gesamtlösung lediglich mit einem Betrag, den er wahrscheinlich aus der Portokasse bezahlen kann.

Und wenn Apostolos Tsalastras nicht rechtzeitig ebenfalls aus Steuermitteln Rücklagen gebildet hätte, würde uns der Haushalt sowieso nur noch um die Ohren fliegen.

Damit wir uns recht verstehen: Wir haben gar kein besseres Verhandlungsergebnis erwartet, es ist kein gutes, sondern ein befriedigendes. Aber gemessen an Ihren alten Forderungen und

Darstellungen, meine Damen und Herren von der CDU, ist dieses Ergebnis für Sie eine einzige Katastrophe! Willkommen in der Wirklichkeit!

Drittes Thema: der Haushalt

Was haben Sie doch seinerzeit gegen den Stärkungspakt der rot-grünen Landesregierung gewettert! Die Haushaltssicherungskonzepte wurden u.a. wegen der darin vorgesehenen Steuererhöhungen abgelehnt, das generelle Scheitern der Bemühungen um einen ausgeglichenen Haushalt wurde Ihrerseits in nahezu jeder Haushaltsrede angekündigt.

Nun, wir stehen jetzt vor der Verabschiedung des Haushaltes 2017. Dieser Haushalt wird nicht nur der sechste genehmigte Haushalt in Folge sein, sondern auch der erste seit vielen Jahren, der wieder einen Haushaltsausgleich zum Ergebnis haben wird.

Dafür danke ich nicht nur selbstverständlich Apostolos Tsalastras und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kämmerei, sondern ausnahmsweise auch der CDU-Fraktion. Sie haben zwar im Wahlkampf noch verkündet, die bereits beschlossenen Steuererhöhungen zu stoppen, aber jetzt haben Sie sogar einer zusätzlichen Grundsteuer-B-Erhöhung im Jahre 2021 zugestimmt, um dann den Haushaltsausgleich ohne Landeszuschüsse zu erreichen.

Willkommen in der Wirklichkeit, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion.

Was bedeutet es nun für unsere Stadt, wenn die CDU endlich bereit ist, sich den Realitäten zu stellen? Hat sie lediglich erkannt, dass ihr Traum von einer Mehrheit gegen die Ampelkoalition geplatzt ist? Oder ist sie tatsächlich bereit, ernsthaft Mitverantwortung zu übernehmen? Aufgaben und Herausforderungen für Oberhausen gibt es genug:

  1. Wir brauchen weiterhin einen belastbaren und breiten Konsens bei den Herausforderungen, die sich nicht nur bei der Unterbringung der Flüchtlinge, sondern in einem nächsten notwendigen Schritt auch bei der Integration der Flüchtlinge ergeben.
  2. Wir benötigen ein gemeinsames entschiedenes Vorgehen gegen den Versuch, am rechten Rand unserer Gesellschaft einen braunen Sumpf entstehen zu lassen.
  3. Wir brauchen mehr und sichere Arbeitsplätze. Nach wie vor haben wir in Oberhausen viel zu wenige Ausbildungsplätze. Hier müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Stadt ihre Vorbildfunktion als Ausbildungsbetrieb weiter stärkt und ausbaut. Nach wie vor ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen bei uns überdurchschnittlich hoch. Die notwendige Realisierung eines Dritten Arbeitsmarktes macht gemeinsame Anstrengungen und Zielsetzungen unentbehrlich. Die Kolleginnen und Kollegen bei MAN-Turbo, die aktuell ihre Arbeitsplätze gefährdet sehen, brauchen unsere Unterstützung und eine klare Aussage, dass wir uns für den Erhalt dieses Industriestandortes einsetzen. Die Entwicklung der Industrie- und Gewerbeflächen im Oberhausener Norden muss sorgfältig begleitet werden, damit qualifizierte und wertschöpfende Arbeitsplätze entstehen können.
  4. Die sinnvolle Verknüpfung der weiteren Gestaltung des Bildungsplanes mit den Maßnahmen aus dem Kommunalen Investitionsfördergesetz und dem Landesprogram Gute Schule 2020 sind eine weitere wichtige Aufgabe für uns alle. Hinzu kommt die Begleitung der pädagogischen und schulorganisatorischen Zielsetzungen des Bildungsplans. Hier seien nur die Themen Inklusion und Digitales Lernen genannt.
  5. Die Entwicklung der Stadtteile und Innenstadtbereiche ist die letzte Aufgabe, die ich – vorerst – nennen möchte. Die Tatsache, dass sich die CDU noch im September 2013 gegen die Entwicklungsprojekte Ankauf HDO, Jobcenter an der Unteren Marktstraße und Errichtung eines Jugendzentrums in der Innenstadt ausgesprochen hat, ist ja offensichtlich inzwischen „vergessen“. Das bietet die Chance, dass zum Beispiel die Projekte „Soziale Stadt Osterfeld“ und „Brückenschlag“ sinnvoll gemeinsam begleitet werden können.

Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

das sind nur fünf Punkte, die es meiner Ansicht nach wert sind, im Interesse der Stadt gemeinsam und ohne Wahlkampfgetöse bearbeitet zu werden. Ich lade Sie dazu ein, gemeinsam mit uns, mit der Ampel-Koalition daran mitzuwirken.

Vor einem Jahr noch, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, hatten Sie noch nicht den Mut, die Verantwortung für den Haushalt mit uns zusammen zu übernehmen.

Aber, wie gesagt: „Die Zeiten ändern sich!“ Und wir geben die Hoffnung darauf nicht auf.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Glück auf!

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