MdL Sonja Bongers:

„Jobcenter sollen junge Erwachsene weiter betreuen“

Sonja Bongers ist Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion und Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen

Die Pläne des Bundesarbeitsministeriums, die Betreuung von jungen Erwachsenen unter 25 Jahren von den Jobcentern auf die Bundesagentur für Arbeit zu übertragen, gilt es nach Ansicht der SPD-Landtagsabgeordneten Sonja Bongers zu überdenken. „Ich bin mir sicher, dass es kein guter Weg ist, die erfolgreiche Arbeit der Jobcenter aufgrund von Einsparpotenzialen, die das Bundesfinanzministerium ausgemacht hat, aufzugeben. Die Jobcenter haben sich in der Vergangenheit in der sozialen Beratung etabliert. Eine Verlagerung auf mehrere bürokratischen Ebenen würde wahrscheinlich zu mehr Unruhe für alle Beteiligten führen.“

Diese grundsätzlich bereits problematische und deshalb auch fragwürdige Vorgehensweise treffe die betroffenen Menschen und die Kommunen im Ruhrgebiet und somit auch in Oberhausen in nachhaltiger Form. Neben dem nicht überwundenen Strukturwandel hätten langjährig entwickelte Bildungsbenachteiligungen bei breiten Bevölkerungsteilen zu gravierenden Verdichtungen sozialer Problemlagen geführt, die sich nach wie vor aus den Schulabbrecherzahlen und den SGB-II-Quoten ablesen lassen. Für diese Gruppen hätten die Jobcenter im zentralen Ruhrgebiet und in Oberhausen in enger Abstimmung mit den ortsansässigen gemeinnützigen Trägern bei Wahrung der Wettbewerbsneutralität wichtige und für eine Teilhabekultur notwendige Förderstrukturen aufgebaut, so Bongers weiter.

Kritik von Trägern

Vor allem auch die Träger der Jugendhilfe kritisieren das Vorhaben. Einrichtungen wie zum Beispiel die Kurbel in Oberhausen befürchten, dass die jungen Menschen im Langzeitleistungsbezug bei der Bewältigung ihrer komplexen Lebenssituation weniger Förder- und Unterstützungsangebote erhalten. Der Gedanke „Hilfen aus einer Hand“ und die in Oberhausen angestrebte und bewährte Zusammenarbeit zwischen Jugendamt und Jobcenter müsse wieder völlig neu aufgestellt werden. Für die Oberhausener Träger sei letztlich eine Kostenverlagerung in den Bereich der Jugendhilfe zu erwarten, der die kommunalen Haushalte vor unlösbare Probleme stelle, heißt es von Seiten der Kurbel.

Derzeit werden zirka 700.000 Jugendliche und junge Erwachsene von den Jobcentern deutschlandweit betreut. Der Bund sieht Einsparmöglichkeiten von rund 900 Millionen Euro. Die Kosten, die bislang über Steuermittel aus dem Bundesarbeitsministerium gestemmt wurden, sollen nun über die Arbeitslosenversicherung aufgefangen werden, die durch Beiträge von Beschäftigten und Betrieben getragen wird.

Für junge Menschen, deren Leben ohnehin schon problematisch verläuft, könnten die Pläne spürbare Auswirkungen haben. Sie müssten sich gegebenenfalls mit mehreren Stellen in der Sozial- und Arbeitsbürokratie auseinandersetzen.

Bislang erhielten sie sowohl ihren Lebensunterhalt als auch die Betreuung bei Arbeitsvermittlung und Qualifizierung vom Jobcenter. Wenn ab 2025 die geplante Kindergrundsicherung eingeführt wird, könnten dann drei Stellen, anstatt wie bislang eine, für sie zuständig sein.

Familienkassen sind zuständig für die Kindergrundsicherung, wird das Existenzminimum nicht abdeckt, müssten die Betroffenen mit Bürgergeld aufstocken. Das bleibt Sache des Jobcenters. Um die Arbeitsvermittlung und Berufsberatung soll sich die Arbeitsagentur kümmern.

Rechtlich schwierig

Das Vorhaben wirft aber auch rechtliche Bedenken auf. So müssten Gesetze geändert werden, um die Fördermöglichkeiten überhaupt in der Arbeitslosenversicherung zu ermöglichen. Dies hätte einen Umbau der Verwaltung zur Folge. Personal müsste von den Jobcentern und Kommunen verlagert werden.

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