MdL Sonja Bongers:

Missstände in der Justiz

Die SPD-Landtagsabgeordnete Sonja Bongers hat erneut auf die personelle Schieflage in der Justiz in NRW hingewiesen. „Das Jurastudium in Nordrhein-Westfalen sieht neun Semester als Regelstudienzeit vor. Wie allerdings richtig von der FDP dargestellt wurde, kann die Wartezeit für das Ablegen der Prüfung so lang sein, dass die Absolventen bis zu fünf Jahre bis zum Abschluss des ersten Examens brauchen, sofern sie das Studium in der entsprechenden Regelstudienzeit beenden.

Liegt hier ein Problem? Teils, teils. Ein Großteil der Studierenden ist froh darüber, die Wartezeit zur Vorbereitung auf das schriftliche Examen nutzen zu können. Der Minister der Justiz wies darauf hin, dass nur gut 20 Prozent der Prüflinge das Angebot des JPAs Düsseldorf angenommen haben, zeitnah die Aufsichtsarbeiten anzufertigen und damit auf eine Wartezeit zu verzichten“, sagte Bongers in ihrer Plenarrede.

Davon abgesehen betrage die Quote der Jurastudentinnen und Jurastudenten, die das erste Examen in der entsprechenden Regelstudienzeit ablegten, gerade einmal 21 Prozent.

Ungewissheit

Die wahre Herausforderung erwartet die Absolventinnen und Absolventen aber erst nach dem Examen. Denn neben Vorbereitungsmaßnahmen, Bewerbungen, Exmatrikulation und dem aktiven Einstieg ins Berufsleben erwartet sie vor allem eines: die Ungewissheit darüber, wann es weitergeht. Die Wartezeiten für einen Referendarplatz liegen derzeit bei neun bis 18 Monaten. „Neun bis 18 Monate sind eine wahnsinnig lange Zeit für junge Menschen, die sich in ihrem Berufsleben noch sortieren wollen“, so Bongers.

Wenn dann ein Platz zur Verfügung steht, geht die Ungewissheit in vielen Punkten weiter. Im Referendariat glücklich angekommen, sind viele auf sich allein gestellt. Die Betreuung sowie die Lehre sind je nach Standort unterschiedlich. Das Arbeitspensum ist allerdings immens. 2023 waren zirka 1.200 Stellen in der Justiz unbesetzt, und in den nordrhein-westfälischen Staatsanwaltschaften sind mehr als 260.000 Verfahren unerledigt. „Es ist kein Wunder, dass sich junge Juristinnen und Juristen gegen einen Beruf in der Justiz entscheiden, wenn sie im Referendariat mit solchen Missständen konfrontiert werden.

Wir als SPD-Fraktion sehen es genau wie die Vertreter der Landesfachschaft Nordrhein-Westfalen. Das Problem liegt in den Kürzungen der finanziellen Mittel für das Rechtsreferendariat. Insbesondere kritisieren wir hier noch einmal ausdrücklich genau wie die FDP-Fraktion die Reduktion der Neueinstellungen um 20 Prozent NRW bildet damit unter dem Bedarf aus, obwohl Ruhestandswellen drohen“, kritisiert die SPD-Rechtsexpertin.

Wechsel des Bundeslandes

Bongers weist auch auf den Aderlass in andere Länder hin. „Vielleicht überlegt der eine oder die andere auch, Nordrhein-Westfalen zu verlassen, wenn man in anderen Bundesländern deutlich kürzer warten muss oder in Hessen gar verbeamtet wird. Diese Frage stellen sich besonders Absolventen aus etwas einkommensschwächeren Verhältnissen, denen ohnehin im Laufe ihres Lebens schon Steine in den Weg gelegt wurden.“

Die Idee der FDP, junge Leute für die Justiz zu gewinnen, indem man Projektwochen und Projekttage in Schulen durchführt, um auch auf andere Justizberufe hinzuweisen, hält Bongers für unterstützenswert. „Es gibt nicht nur die Richterinnen und Richter und die Staatsanwälte und Staatsanwältinnen, sondern es gibt wahnsinnig viele spannende Berufe in der Gesamtfamilie der Justiz. Da sehr viele junge Menschen diese Berufe aber einfach nicht kennen, ist es auf jeden Fall lohnenswert, solche Projekttage in Schulen einfach mal anzugehen.“

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