Die Landtagsabgeordnete Sonja Bongers (SPD) besuchte Dagmar Heitmann, die Oberhausener Schiedsfrau für den Schiedsbezirk Alstaden und Lirich.
„Schlichten statt richten“, unter diesem Motto kümmern sich Schiedsleute außergerichtlich um Streitfälle. Dagmar Heitmann wurde im Jahr 2014 vom Rat der Stadt Oberhausen zur Schiedsfrau für den Bezirk Alstaden und Lirich gewählt und 2019 in diesem Ehrenamt bestätigt. Seitdem bearbeitet sie rund 15 bis 20 Fälle pro Jahr.
„Wir wissen alle, dass die Gerichte in Nordrhein-Westfalen stark überlastet sind. Vor diesem Hintergrund ist es absolut zu fördern, Streitigkeiten außergerichtlich zu regeln,“ sagt die Juristin Sonja Bongers, „Deshalb habe ich die Gelegenheit gerne genutzt, mich aus erster Hand über das Schiedswesen in Oberhausen zu informieren.“
Ganz verschiedene Menschen besuchen Dagmar Heitmann in ihrem Wohnzimmer. Häufig geht es dabei um Nachbarschaftsstreitigkeiten. „Mit der Zeit bekommt man schon einen ganz guten Blick dafür, wie die Menschen im Viertel so ticken,“ verrät die Schiedsfrau. „Oft ist es gar nicht der Baum, der über die Grundstücksgrenze ragt oder die abendliche Ruhestörung. Gerade bei Nachbarschaftsstreitigkeiten liegt der Grund oft ganz woanders.“
Häufig kämen Menschen zu ihr, die nicht mehr offen und konstruktiv miteinander reden könnten. Da könne die Moderation eines geschulten Dritten helfen. „Ich unterstütze die Konfliktparteien dabei, ihr Anliegen aus dem Blickwinkel des Gegenübers zu betrachten. Wenn das gelingt, ist es oft nur noch ein kleiner Schritt bis zur gütlichen Einigung.“
Nicht immer kommen die Konfliktparteien freiwillig zur Schiedsfrau. In Einzelfällen kann das Gericht oder die Staatsanwaltschaft ein Schiedsverfahren anordnen. Im Falle von nachbarrechtlichen Streitigkeiten ist es sogar gesetzlich vorgeschrieben: Ohne vorherigen Schlichtungsversuch wird eine etwaige Klage nicht bei Gericht zugelassen.
„Ich kann nur empfehlen, rechtzeitig Kontakt mit dem Schiedsmann oder der Schiedsfrau aufzunehmen. Ist das Kind erst in den Brunnen gefallen, sind die Fronten oft verhärtet. In manchen Fällen bleibt dann als letztes Mittel tatsächlich nur noch der Gang vors Gericht,“ sagt Dagmar Heitmann.
Die außergerichtliche Einigung ist nicht zuletzt aus Kostengründen sehr attraktiv für alle Beteiligten. Türmen sich im gerichtlichen Verfahren die Kosten schnell zu einer vierstelligen Summe auf, ist das Schiedsverfahren mit maximal 50 Euro außerordentlich günstig. Zudem werden die Kosten in den meisten Fällen auch von der Rechtsschutzversicherung übernommen.
„Leider wissen viel zu wenige Menschen, dass es das Schiedsamt überhaupt gibt. Ich hatte sogar Anwälte am Telefon, denen ich meine Aufgabe und Rolle erstmal erläutern musste,“ weiß Dagmar Heitmann zu berichten.
Zuletzt hatte Sonja Bongers sich bereits im Rechtsausschuss des Landtags NRW mit Monika Ganteföhr, der Bundesvorsitzenden des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen ausgetauscht. Auch hier sei sie ermutigt worden, das Gespräch mit den örtlichen Schiedsleuten zu suchen.
Bezahlt wird man als Schiedsperson übrigens nicht, da es sich um ein Ehrenamt handelt. Das findet Dagmar Heitmann aber gar nicht schlimm. „Diese Aufgabe ist kein Job. Für mich ist sie eine Herzensangelegenheit.“ Einen stärkeren finanziellen Anreiz wünscht sich Dagmar Heitmann nicht, was also dann? „Vielleicht eine Image-Kampagne für das Schiedswesen in der Stadt.“
Sonja Bongers kann das nur unterschreiben: „Beim Schiedswesen wird vielen Menschen schnell, kompetent und unkompliziert geholfen. Es wäre toll, wenn dieses Instrument noch viel bekannter wäre!“