Wolfgang Große Brömer:

Der wahre Skandal

Wolfgang Große Brömer ist Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion

Stellungnahme des SPD-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Große Brömer zum Leserbrief „Ein Skandal“ von Frau Andrea-Cora Walther, erschienen am 7. Mai im Lokalteil der WAZ:

In ihrem Leserbrief „Ein Skandal“ (WAZ vom 7. Mai) empört sich die Stadtverordnete Andrea-Cora Walther von der Bürgerliste über die angebliche Ignoranz der Mitglieder des Schulausschusses. Die Schulpolitische Sprecherin der Bürgerliste zeichnet in diesem Leserbrief ein Bild dieses Gremiums, das mit der Realität herzlich wenig zu tun hat. Hier zur Abwechslung mal die Fakten:

Kein Mitglied des Schulausschusses hat die Demonstration der Realschulen vor und während der Ausschusssitzung im Kern kritisiert. Ja, über den Lärm haben sich Mitglieder des Ausschusses beschwert, doch das Recht auf Demonstration hat niemand infrage gestellt – ebenfalls nicht das Rederecht der Demonstrierenden.

Im Schulausschuss ist es eine langjährig geübte Praxis, jederzeit Elternvertretern und Schulleitungen die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben – auch ohne die Begleitung trillerpfeifender Kinder. Auch wenn sich Frau Walther gerne einen außerparlamentarisch-kämpferischen Touch gibt, müsste sie das als Mitglied des Schulausschusses eigentlich wissen.

Im Dezember hat der Rat die Verwaltung mit der Einrichtung von Hauptschulbildungsgängen an den Realschulen beauftragt – und dieser Beschluss ist einstimmig erfolgt, mit den Stimmen der Bürgerliste. Frau Walther zählt in ihrem Leserbrief zwar akkurat die antragstellenden Fraktionen auf, ihr „Ja“ lässt sie aber geflissentlich unerwähnt.

Anklagend fragt sie stattdessen, wo das Schreiben der drei Realschulleitungen geblieben sei. Wir helfen gerne beim Suchen: Ein Blick ins eigene E-Mail-Postfach hätte geholfen, alle Sprecherinnen im Schulausschuss haben dieses Schreiben am 18. Dezember erhalten

Völlig traurig ist dabei die Tatsache, dass durch die theatralische Empörungs-Prosa von Frau Walther der Blick auf den wahren Skandal völlig vernebelt wird: In der Schulausschusssitzung wurden die aktuellen Zahlen der erwarteten Abschulungen von Gymnasien und Realschulen vorgestellt.

Mehr als 200 Schülerinnen und Schüler sollen am Ende des Schuljahres ihre bisherige Schule verlassen und müssen an anderen Schulen untergebracht werden. Das, Frau Walther, ist der eigentliche Skandal!

Weil nicht die Schüler, die ihre bisher vertraute Schulumgebung mit einem Gefühl des Scheiterns verlassen müssen, gescheitert sind, sondern das Schulsystem als Ganzes. Diese 200 Kinder sind unmittelbar betroffen, für sie sollte sich der Schulausschuss einsetzen. Zum Beispiel mit dem Beschluss, dass an den Realschulen Hauptschulbildungsgänge eingerichtet werden, damit wenigstens dort keine Abschulungen mehr erfolgen müssen.

Aber diese Kinder und deren Eltern haben Frau Walther eben nicht die Gelegenheit zu einer wohlfeilen Profilierungsaktion geboten.

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