
Sonja Bongers ist Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion und Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen
Nach einer Zeugenbefragung in einem Strafverfahren plötzlich bedroht zu werden wünscht sich niemand. Leider kommen solche Fälle jedoch immer häufiger vor. Der Grund dafür ist, dass in den Akten Name und Anschrift des Zeugen angegeben werden. Über die Anwälte der Beklagten sind diese Kontaktdaten einsehbar. Es kommt immer wieder vor, dass diese dann weitergegeben werden und es zu Gewaltandrohungen gegenüber den Zeugen kommt. „Wir müssen hier dringend nachbessern“, sagt die SPD-Rechtsexpertin Sonja Bongers.
Die Landtagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen sieht darin eine echte Infragestellung des deutschen Rechtssystems. „Es kann ja nicht sein, dass Täter überführt werden können, aber durch Bedrohungsszenarien wird die ganze Ermittlungs- und Justizarbeit ad absurdum geführt.“ Bongers wird das Thema auch bei der Bund-Länder-Konferenz der SPD-Justizpolitiker am morgigen Donnerstag ansprechen.
BDK sieht Einflussnahme
Ähnlich äußert sich der Bund Deutscher Kriminalbeamter, BDK, in einer schriftlichen Stellungname. „Im kriminalpolizeilichen Alltag ist immer wieder festzustellen, dass vor dem Hintergrund einer von den Zeugen selbst angenommenen potenziellen Bedrohung die Bereitschaft an der Mitwirkung im Ermittlungsverfahren gar nicht oder nur noch sehr eingeschränkt erfolgt. Dies wird von Zeugen nach Wahrnehmung des BDK immer häufiger entsprechend kommuniziert. Tatsächlich begegnen Kriminalistinnen und Kriminalisten regelmäßig dem Phänomen, dass durch die Täterseite nach der Tat versucht wird, Einfluss auf die Zeugen zu nehmen beziehungsweise den Zeugen schon bei der Tatbegehung angedroht wird, dass die Erstattung einer Strafanzeige Repressalien nach sich zöge.
Dabei ist eine Herausgabe von Daten der Zeugen nicht für den weiteren Verlauf des Prozesses wichtig. „Für das Verfahren selbst ist es nicht notwendig, die Adressen und Name der Zeugen herauszugeben, auch nicht an den betreuenden Anwalt. Natürlich kann man in begründeten Einzelfällen davon absehen“, schließt sich Sonja Bongers den diesbezüglichen Aussagen des BDK an.
Dabei hat der Gesetzgeber mit dem § 68 StPO bereits weitreichende Möglichkeiten des Zeugenschutzes ermöglicht. Mit dem Instrument des „kleinen Zeugenschutzes“ bestehe ja bereits die Möglichkeit dazu. Jedoch sei es in der Praxis häufig so, dass es für die Ermittler einen zusätzlichen Aufwand bedeute. Hier gelte es nachzubessern, so Bongers abschließend.