MdB Michael Groschek zu der Berichterstattung über den sogenannten Maulkorberlass:
„Die Berichterstattung über den sogenannten Maulkorberlass für Bundestagsabgeordnete hat viele Reaktionen hervorgerufen, die einhellig einer Meinung waren: Wenn sich die Abgeordneten mundtot machen lassen, können wir sie uns gleich ganz sparen. Diese Meinung kann ich gut nachvollziehen. Ich bin davon überzeugt, dass die Diskussion um den parlamentarischen Umgang mit sogenannten „Abweichlern“ völlig verquer läuft.
Die Fraktionsführungen sind offensichtlich bestrebt die Fraktionsdisziplin als oberste parlamentarische Tugend überzubewerten. Das Reduzieren auf das Streben nach disziplinarischer Kontrolle über Abgeordnete verschenkt große Chancen einer umfassenden und überfälligen Diskussion zur Belebung parlamentarischer Auseinandersetzung. Das Parlament ist zentraler öffentlicher Ort politischer Auseinandersetzung im Sinne repräsentativer Volksvertretung. Dieses hohe Gut darf keinesfalls verspiel werden.
In einer Zeit, wo die SPD unter dem Motto „Basis statt Basta“ Mitgliederbeteiligung und Urwahlverfahren als neu zu entdeckende demokratische Tugend in ihrer eigenen Praxis einfordert und in einer Zeit, wo Formen direkter Demokratie über Bürgerbegehren und Volksentscheide aller Orten gefordert und gefördert werden, ist es völlig falsch den Eindruck zu erwecken, Artikulationsrechte gewählter Abgeordneter an den parlamentarischen Rand zu drücken.
Ich persönlich bin seit frühester Jugend politisch aktiv. Erst als Klassensprecher und Schulsprecher, dann als Juso und SPD-Politiker. Dabei habe ich mir nie einen Maulkorb verpassen lassen, dies wird auch künftig so bleiben.
Lebendige Demokratie braucht einen lebendigen, von argumentativer Vielfalt geprägten Parlamentarismus, wenn der Anspruch der Volksvertretung nicht zur Floskel werden soll. Dies darf allerdings nicht zum Freibrief für selbstverliebte Querulanten werden, deren politische Heldenpose als Abweichler der Mehrheitsmeinung in Wahrheit ein zynisches „Geschäftsmodell“ ist. Persönliche Glaubwürdigkeit und authentische Interessenvertretung müssen als Maßstab an jeden Abgeordneten angelegt werden.“