
Sonja Bongers ist Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion und Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen
Es ist schon erstaunlich, wie wenig der NRW-Landesregierung am Ruhrgebiet liegt. Kaum Investitionen, stiefmütterliche Behandlung in fast allen Bereichen. Während in anderen Regionen Europas so ein Filetstück wie das Ruhrgebiet entwickelt würde, liegt in NRW sehr viel brach. „Die Metropole Ruhr birgt enormes Potenzial, das durch die verfehlte Politik der Landesregierung derzeit ungenutzt bleibt. Das Ruhrgebiet ist nicht nur der größte Ballungsraum Europas, sondern auch auf dem Weg zur grünsten Industrieregion der Welt. Großprojekte wie der Umbau der Emscher oder die erfolgreiche Transformation zur Wissensregion mit zahlreichen Hochschulstandorten zeigen, dass Strukturwandel im Ruhrgebiet gelingen kann“, sagt die SPD-Landtagsabgeordnete Sonja Bongers und fragt sich, warum hier nicht endlich investiert und entwickelt wird.
Infrastrukturgenossenschaft
Bongers verweist hierbei auf die erfolgreiche Arbeit der Emschergenossenschaft. „Die Emschergenossenschaft als Impulsgeber hat bewiesen, welche identifikatorische und wirtschaftliche Schubkraft überkommunale Infrastrukturprojekte erzeugen können. Vom Erfolg des Emscherumbaus muss gelernt werden, denn er ist übertragbar. Den Genossenschaftsgedanken fortsetzend könnte eine überkommunale Infrastrukturgenossenschaft Investitionen aus dem Sondervermögen gezielt in Projekte umsetzen.“
Akteure vor Ort
An Akteuren vor Ort mangelt es, so Bongers, sicherlich nicht. „Zahlreiche Kommunen in der Region beweisen seit Jahren, dass auch unter schwierigen Rahmenbedingungen und ohne Hilfe durch das Land kreative Lösungen für die Alltagssorgen der Menschen gefunden werden können. Innovation City, Neunutzung alter Brachen wie Opel in Bochum oder ähnliches ziehen sich durch das komplette Revier.
Zu Lasten der Menschen
Das Hauptproblem ist aber für die SPD-Rechtsexpertin die Abkopplung der Bevölkerung von der Entwicklung des Landes NRW. „Die jahrelange Vernachlässigung des Ruhrgebiets durch die Landesregierung wirkt sich trotz großer Anstrengungen der kommunalen Politik zunehmend auf die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort aus. Während der Investitionsstau in Nordrhein-Westfalen insgesamt hoch ist, schränken die Altlasten des Strukturwandels die Investitionsfähigkeit der Ruhrgebietskommunen besonders stark ein. Durch das Verschleppen einer wirksamen Altschuldenlösung hat die schwarz-grüne Landesregierung den finanziellen Handlungsspielraum der Kommunen im Ruhrgebiet jahrelang massiv eingeschränkt und damit dringend notwendige Zukunftsinvestitionen verhindert. Diese Blockadehaltung verschärft die Ungleichheit der Lebensverhältnisse in Nordrhein-Westfalen.“
Abgehängt
Erwerbstätige Familien in strukturschwachen Regionen wie dem Ruhrgebiet bekommen dies tagtäglich zu spüren. Die marode Infrastruktur schränkt sie nicht nur in ihrem Lebensalltag ein, ob auf dem Weg zur Arbeit, in die Kita oder Schule oder zum Sportverein – auch die Wirtschaft leidet darunter. Ausbleibende Investitionen im Ruhrgebiet gefährden den Industriestandort Nordrhein-Westfalen und damit zehntausende Arbeitsplätze über die Branchen Stahl und Chemie hinaus. Dass Unternehmen wie Microsoft Interesse am Ruhrgebiet bekunden, um hier weitere Rechenzentren anzusiedeln, ist eine große Chance. Bisher sind die Pläne aufgrund der Strukturen vor Ort nicht umgesetzt worden.
„Die Landesregierung steht hier in der Verantwortung eine solche Ansiedlung voranzutreiben. Doch die Landesregierung gefährdet wissentlich die finanzielle Sicherheit und die Lebensgrundlage vieler Familien in Nordrhein-Westfalen. Damit wird sie nicht nur ihrer Aufgabe für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen nicht gerecht. Sie verhindert auch, dass Kinder und Jugendliche im Ruhrgebiet die gleichen Chancen auf ein gutes und gesundes Aufwachsen erhalten wie in anderen Regionen“, so Bongers abschließend.