Wolfgang Große Brömer zum Haushaltssanierungsplan 2012:

An Tagen wie diesen muss man feststellen: Der Weg wird kein leichter sein

Wolfgang Große Brömer ist Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion Oberhausen und Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen

Wolfgang Große Brömer ist Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion Oberhausen und Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD und GRÜNEN hat der Rat der Stadt am heutigen Tage das bisher wohl ehrgeizigste Sparpaket in der Geschichte Oberhausens beschlossen. Nach wochenlangen intensiven Diskussionen über den neuen Haushaltssanierungsplan konnte SPD-Fraktionschef Wolfgang Große Brömer in seiner Abschlusserklärung zur Verabschiedung des städtischen Haushalts für 2012 nicht ohne Stolz feststellen: „Die erforderlichen Entscheidungen sind nicht leichtgefallen, schwere Entscheidungen werden vielleicht in den nächsten Jahren noch folgen. Aber: Wir haben die Chance! Wir haben die Chance auf eine kommunale Handlungsfähigkeit, die wieder Entwicklungsspielräume für diese Stadt ermöglicht.“

Im Folgenden dokumentieren wir die Abschlusserklärung der SPD-Fraktion zum Haushalt 2012:

Wolfgang Große Brömer, Vorsitzender der SPD-Fraktion

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

vor gut einem Jahr wurde der Startschuss gegeben für ein Vorhaben, zu dem es bisher nichts Vergleichbares in der Geschichte unseres Landes gibt. Der „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ wurde auf den Weg gebracht. Und das, was so technokratisch-bürokratisch klingt, war, ist und bleibt ein Paradigmenwechsel für die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen.

„Die nordrhein-westfälischen Kommunen und die rot-grüne Landesregierung begegnen sich wieder auf Augenhöhe!“ Das war das Fazit von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auf dem Zukunftskonvent der NRWSPD am 21. Mai 2011, hier in Oberhausen. Und diese Neuausrichtung der Landespolitik war sicherlich auch ein wesentlicher Baustein für die Bestätigung der rot-grünen Landesregierung mit dem eindrucksvollen Wahlsieg bei der Landtagswahl am 13. Mai!

Die kommunale Ebene als Basis unserer Demokratie, als Wurzel für Bürgerbeteiligung und demokratische Prozesse wird wieder ernst genommen! Und dazu gehört grundlegend, dass sich die Städte und Gemeinden aus der Verschuldungsfalle befreien und wieder Handlungsspielräume für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung und bürgerfreundliche Dienstleistungen gewinnen können.

Wir Sozialdemokraten haben immer erklärt, dass wir nichts geschenkt bekommen wollen. Aber wir wollten und wollen eine faire Chance. Diese Chance haben wir jetzt und die wollen wir nutzen!

67 Millionen Euro – insgesamt 533 Millionen bis zum Jahr 2020 – an Landesunterstützung sind eine riesige Hilfe, eine starke Hilfe zur Selbsthilfe. Denn zusätzliche, eigene Anstrengungen sind erforderlich.

Die SPD-Fraktion ist davon überzeugt, dass ein ausgeglichener Haushalt mit einem anschließenden Schuldenabbau realisierbar sein wird. Aber nur dann, wenn zwei Bedingungen erfüllt werden:

  • Erstens müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen! Es werden spürbare, vielleicht sogar schmerzhafte Einsparentscheidungen gefällt werden. Dabei wird es Belastungen für alle städtischen Bereiche und Angebote geben müssen, die möglichst gerecht aufzuteilen sind. Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowie die Beschäftigten im Konzern Stadt müssen in die Entscheidungsprozesse eingebunden und mitgenommen werden. Das wird die Hauptaufgabe der Kommunalpolitik der nächsten Jahre sein.
  • Zweitens ist die Bundespolitik gefordert! Die Unterstützungen des Landes und die eigenen Sparbemühungen werden nicht ausreichen, um eine langfristige schuldenfreie Perspektive zu ermöglichen. Städte und Gemeinden brauchen eine wirksame und dauerhafte Entlastung von den Soziallasten.

Mit den heutigen Entscheidungen stehen wir erst am Beginn eines Prozesses. Es ist unrealistisch anzunehmen, dass ein Haushaltssicherungsplan für 10 Jahre zielgenau und ohne Korrekturnotwendigkeiten verabschiedet werden kann. Die vierteljährliche Berichterstattung der Stadt an die Gemeindeaufsicht bildet das Raster für die Kontrolle des Gesamtprozesses. Zur Aufrechterhaltung einer kontinuierlichen Begleitung und für eventuelle Neujustierungen hat die rot-grüne Koalition die Einrichtung eines effektiven politischen Begleitgremiums vorgeschlagen. Ob diese Aufgabe der Haupt- und Finanzausschuss wahrnehmen soll oder ein Unterausschuss, das sollten wir gemeinsam im Ältestenrat entscheiden.

Begleitung brauchen wir auch seitens der Bürgerschaft. Die Bürgerbeteiligung bei den öffentlichen Veranstaltungen und auf der Homepage der Stadt war – allen Unkenrufen zum Trotz – erfolgreich. Die meisten Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger waren sachlich und von Verständnis für die Situation geprägt. Viele Anregungen sind kreativ und haben eine weitere Bearbeitung verdient. Erste Vorschläge aus der Bürgerschaft haben wir bereits aufgenommen, andere gilt es noch zu überprüfen. Politik und Verwaltung dürfen nicht auf die Beteiligungs-Potenziale der Bürgerschaft verzichten!

Gleiches gilt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung und bei den städtischen Gesellschaften. Auch hier erwarten wir eine effektive Beteiligung – und zwar von beiden Seiten! Fest steht, dass sich die Zahl der Beschäftigten insgesamt der demografischen Entwicklung anpassen muss. Dabei gilt weiterhin die Garantie, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind. Stellenabbau findet einzig und allein durch Fluktuation statt! Diese Arbeitsplatzgarantie für den Öffentlichen Dienst ist alles andere als selbstverständlich!

Deswegen müsste es aber selbstverständlich sein, dass sich Personal- und Betriebsräte konstruktiv und effektiv bei der Beratung und Begleitung eines Personalentwicklungskonzeptes, das wir mit unserem Begleitantrag gefordert haben, einbringen und beteiligen. Wer die zukunftssichere Ausrichtung des Öffentlichen Dienstes will, darf sich nicht auf reflexartige Abwehrreaktionen beschränken!

Die Zukunft gestalten und Oberhausen lebenswert erhalten – von diesem Anspruch haben wir uns bei der Beratung der Verwaltungsvorschläge leiten lassen.

Wie mehrfach versprochen erhalten wir die Infrastruktur im Bildungs-, Sozial-, Sport- und Kulturbereich:

  • Die Hallenbäder werden ebenso wie fast alle Lehrschwimmbecken zur Absicherung des Schul- und Vereinssports erhalten.
  • Das Tiergehege als das familienfreundliche Ausflugsziel wird weder geschlossen noch wird Eintritt erhoben.
  • Das Bibliotheksangebot bleibt in allen Stadtteilen bestehen.
  • Einsparungen beim Theater finden nur dann statt, wenn sich Synergien aus interkommunalen Kooperationen oder Fusionen ergeben.
  • Schulen werden nicht aus Spargründen geschlossen, sondern nur dann, wenn dies vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung pädagogisch sinnvoll ist.
  • Kinder aus Hartz-IV-Familien werden bei der Anschaffung der notwendigen Schulbücher weiterhin unterstützt.
  • Die Budgets der Schulen werden nicht nach der Rasenmähermethode gekürzt, sondern angemessen angepasst.

Das Wichtigste aber ist, dass alle diese Änderungen realistisch durchgerechnet sind und das Sparziel weder gefährden noch in Frage stellen.

Was man über die Vorschläge der CDU leider nicht sagen kann!

Wer der Einfachheit halber die von der Verwaltung vorgeschlagene Zielmenge von 200 einzusparenden Stellen um 50% auf 300 Streichungsstellen erhöht, ohne dass diese zusätzlichen Stellen auch nur ansatzweise benannt werden, der handelt unseriös!

Wer in der Konsolidierungsreihe bei den geplanten Steuererhöhungen schon jetzt glaubt, über 60 Millionen € herausstreichen zu müssen, der handelt schlichtweg unverantwortlich, meine Damen und Herren von der CDU!

Und was Ihre Gegenrechnung, die Erhöhung der Vergnügungssteuer um 10 Millionen € betrifft: Sie müssen sich endlich entscheiden! Wollen Sie – wie sie immer wieder betonen – die Spielhallen schließen oder wollen Sie höhere Steuereinnahmen? Beides geht nun mal nicht! Seriös ist anders!
Zwei weitere Ihrer Vorschläge, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, lösen bei uns nur noch Kopfschütteln aus:

  • Die Elly-Heuss-Knapp-Stiftung, die höchst anerkannte und nachgefragte Alteneinrichtung unserer Stadt, die in unserer immer älter werdenden Gesellschaft noch mehr an Bedeutung gewinnen wird, die wollen Sie zu einem Schnäppchenpreis „verticken“! Das ist mit uns nicht zu machen!
  • Gleiches gilt für die „gute Stube“ unserer Stadt. Die Luise-Albertz-Halle, der zentrale Veranstaltungsort von Oberhausen, der Ort für Vereins- und Familienfeiern muss erhalten bleiben! Wer hier eine Halbierung des städtischen Zuschusses oder eine Privatisierung vorschlägt, gefährdet den Bestand der Luise-Albertz-Halle!

„An Tagen wie diesen“ muss man feststellen: „Der Weg wird kein leichter sein“! Die erforderlichen Entscheidungen sind nicht leichtgefallen, schwere Entscheidungen werden vielleicht in den nächsten Jahren noch folgen. Aber: Wir haben die Chance! Wir haben die Chance auf eine kommunale Handlungsfähigkeit, die wieder Entwicklungsspielräume für diese Stadt ermöglicht.

Der erfolgreiche Start des Jugendparlaments macht deutlich, wie wichtig das ist. Das Gängeln / Verhindern durch die Bezirksregierung konnte vermieden werden, ein für die Oberhausener Jugendlichen wichtiges Demokratie-Projekt konnte starten! In alleiniger eigener Verantwortung hätte dieser Start erheblich früher stattfinden können.

Ein weiteres Beispiel ist die Stadtentwicklung. Trotz vieler guter Ideen und Pläne waren wir für Jahre von den Bundes-, Landes- und EU-Förderprogrammen nahezu abgeschnitten. Das kann sich nun ändern, und wir haben endlich wieder die Möglichkeit, mit Kreativität und vollem Einsatz die Entwicklung von Oberhausen weiter voranzutreiben im Interesse der Menschen in dieser Stadt. Denn die leben gerne in Oberhausen trotz aller Miesmachereien in Fernsehberichterstattungen und auch aus den Reihen der Opposition.

Ich möchte schließen mit einem großen Dank an unseren immer noch neuen Kämmerer Apostolos Tsalastras und an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wer einen neuen Aufgabenbereich übernimmt und dabei direkt mit solch einer Mammutaufgabe konfrontiert wird, der hat unsere volle Anerkennung verdient!

Lieber Posto, der Start für den Oberhausener Teil des Stärkungspaktes ist gelungen, das ist ein ausgezeichnetes Gesellenstück! Ob es auch noch ein ausgezeichnetes Meisterstück wird, das hängt von uns allen ab.

Ich bedanke mich für’s Zuhören

Oberhausen Glück auf!

Send this to a friend